Dank des durch die Einzucht des Parson Russells, des Pinschers und des aus Amerika stammenden Farbmopses sowie später auch des Patterdale terrier und des Beagle erweiterten Genpools findet sich beim Retromops eine breite Farbpalette – so kennen wir nicht nur schwarze und fawn farbene Retromöpse sondern auch Tiere in brindle (gestromt), platinum oder piebald (gescheckt). Auch die Farbe black and tan ist ist insbesondere durch die Einzucht von Pinscher und Beagle möglich.
Allerdings gibt es eine Farbgebung, die unsere Zuchtgemein-schaft strikt ablehnt: die Farbe Merle.
Der sog. Merle-Faktor beruht auf einer Genmutation und verursacht durch eine Depigmentierung eine gesprenkelte bzw. marmorierte Fellscheckung - oft als Tigerscheckung bezeichnet. Die Augen betroffener Tiere sind häufig hellblau. Dabei hellt das Merle-Gen das Pigment Eumelanin auf, während es Fellbereiche, in denen nur Phäomalanin vorkommt, nicht verändert. Die Aufhellung von Haut und Haaren beträgt bei homozygoten (reinerbigen) Hunden 50% und mehr, bei heterozygoten (mischerbigen) Tieren weniger als 50% des Körpers
Das Bedrohliche an dieser auf den ersten Blick interessant wirkenden Farbgebung sind allerdings die nicht unerheblichen „Nebenwirkungen.“
In der Vergangenheit gingen Züchter davon aus, dass sich die Farbe Merle dominant vererbt und die angesprochenen Schädigungen nur bei reinerbigen Hunden, d.h. bei Tieren, bei denen die Erbanlage in doppelter Ausführung vorhanden ist, vorkommen können. Die Gefahr von Missbildungen sei gebannt - so meinte man - wenn man einfach auf die Verpaarung zweier Träger des Merlefaktor verzichtete, die phänotypisch leicht an ihrer Fellfärbung auszumachen seien.
Doch die genetische Wirklichkeit zeigt sich deutlich komplexer: Die Klassifizierung des Merlefaktors als dominant wurde im Jahre 1990 von Jödicke in Frage gestellt, nachdem sich phäno-typisch merlefreie Tiere als heterozygote Merkmalsträger erwiesen hatten.
Und weiter: das Auftreten von Missbildungen bei hetero-zygoten, also gemischterbigen Hunden wurde von Wegner bereits im Jahre 1977 anhand einer Zuchtgruppe von Merle-teckeln untersucht. Die Hunde der untersuchten Zuchtgruppe litten an Augenanomalien und an erhöhtem Augeninnendruck. Festgestellt wurden ferner Missbildungen des Gehirns, Beeinträchtigungen der Hörfähigkeit, einen erhöhten Anteil missgebildeter Spermien sowie Gleichgewichtsstörungen. Die meisten und schwerwiegendsten Befunde wurden erwartungs-gemäß an den homozygoten Merleträgern erhoben, aber auch heterozygote Tiere zeigten Anomalien, wenn auch in geringerem Ausmaß und in weniger Fällen. Ferner wurden bei etwa der Hälfte der Tiger und Weisstiger Störungen des Schwimmvermögens beobachtet.
Ein ähnliches Problem geht von den sog. "Phantom Merle" aus. Hierbei handelt es sich um Hunde, die zwar genetisch Merles sind, bei denen die Merle-Zeichnung aber von anderen Farben überlagert wird. Da sich der Merle-Faktor beispielsweise nicht bei beigen oder cremefarbenen Hunden zeigt (man denke hier an die Hauptfarbgebung "beige" beim Mops!), sieht man diesen Tieren nicht an, dass sie Merle-Träger sind. Aber auch bei Brindle ist die Merle-Zeichnung oft nicht erkennbar.
Bei der (unbeabsichtigten) Verpaarung von Phantom Merle-hunden, können die Nachkommen wiederum die eingangs beschriebenen gravierenden Gesundheitsproblematiken aufweisen.
Ein nicht erkennbarer oder versteckter Merle-Hund - sei es nun kryptisch oder phantom - kann also sicher nur durch eine genetische Untersuchung erkannt werden. Nur: welcher Mopszüchter lässt einen erworbenen Mops diesbezüglich testen, wenn er doch diese Farbgebung laut Standard gar nicht haben KANN?
Die Merlezeichnung bei diversen Möpsen oder auch als Retro-möpsen bezeichneten Tieren kommt ZUDEM durch die Kreuzung mit Chihuahuas, merle-farbenen Bulldoggen (die ihrerseits auch wieder durch Kreuzungen entstanden sind, da auch die Bulldogge originär keine Merlefärbung kennt) oder direkt mit dem Merle-Teckel. Alles Rassen die im übrigen selbst ihre rassetypischen Probleme aufweisen und die sicher nicht geeignet sind, die Rasse Mops aus der Misere zu führen!
Aus ethischen Aspekten und aus Tierschutzgründen halten wir es daher für nicht verantwortbar, mit dem Merle-Faktor zu züchten!
Quellen:
Akcan, A.; Wegner, W.: Morphologische und morphometrische Untersuchungen über Veränderungen am Großhirnkortex beim Merlesyndrom des Hundes. - A.Ü.Vet.Fak.Derg.32(2), 1985.
Akcan, A.; Wegner, W.: Veränderungen an Sehbahn und Sehzentren beim Merle-Syndrom des Hundes.
Dausch, D.; Wegner, W.; Michaelis, W.; Reetz, I.: Augenveränderungen beim Merlesyndrom des Hundes.
Klinckmann, D.; Wegner, W.: Tonometrie bei Merlehunden. - Dtsch. Tierärztl. Wschr. 94, 1987.
Neumann W.; Frese H., Merlefaktor und Taubheit bei Hunden, www.tiermedizin.de/public/tierzucht/merle.htm
Reetz, I.; Stecker, M.; Wegner, W.: Audiometrische Befunde in einer Merlezucht. - Dtsch. Tierärztl. Wschr. 84(12), 1977
Bei dem Merle-Gen handelt es sich um ein Defektgen, das zu Fehlbildungen des Innenohrs bis hin zur Taubheit und zu Fehlbildungen der Augen bis hin zu vollständiger Blindheit führen kann.
Betroffene Tiere zeigen sich nicht selten entwicklungs-verzögert und versterben mitunter bereits im juvenilen Stadium. Bei Rüden konnten zudem Fertilitätsprobleme beobachtet werden.
Mit dem Ergebnis seiner Studie sieht Wegner die These be-stätigt, dass auch mischerbige Merleträger Missbildungen der Sinnesorgane und sonstige Behinderungen aufweisen können. Eine klare Grenze zwischen rein- und mischerbigen Tieren scheint es also nicht zu geben!
Aber auch eine neuere Studie aus dem Jahre 2009, die die Prävalenz von Taubheit bei Hunden untersucht, die heterozygot oder homozygot für das Merle-Allel genotypisiert wurden, kann keine Entwarnung geben: geben: Die Häufigkeit von Taubheit bei Merles betrug insgesamt 4,6 % - einseitig taub und 4,6 % - beidseitig taub. Bei Single Merles ( Mm ) waren 2,7 % einseitig taub und 0,9 % beidseitig taub. Bei Double Merles ( MM ) waren 10 % einseitig taub und 15 % beidseitig taub. Näheres beim "Klick" auf den Button:
Eine besondere Gefahr für die Zucht stellen zudem die sogenannten "Cryptic Merle" - Kryptische Merleträger - sowie die Phantom-Merle dar.
Bei kryptischen Trägertieren liegt ein etwas verkürztes Merle-Gen vor. Die Hunde selbst weisen eine nur sehr schwach ausgeprägte Merle-Färbung auf; in vielen Fällen ist die Merle-Färbung faktisch nicht zu erkennen. Das Tier besitzt möglicherweise nur ein sehr kleines Merle-Abzeichen am Vorder- oder Hinterlauf, das beim Mops dann fälschlicherweise als "Chinese Mark" - also als kleines weißes und damit harmloses Abzeichen wahrgenommen wird. Diese Hunde werden dann unrichtig als "Non-Merle" geführt.
Das kryptische Merle-Gen kann allerdings zum vollständigen Merle-Gen zurück mutieren. Bei einer Verpaarung mit einem anderen Merle-Träger können dann wiederum Doppelträger mit den bekannten Missbildungen und Behinderungen entstehen.
Dausch, D.; Wegner, W.; Michaelis, M.; Reetz, I.: Ophthalmologische Befunde in einer Merlezucht. - Dtsch. tierärztliche Wschr. 84(12), 1977.
Jödicke, R.: Aktuelle Aspekte zum Erbgang des Merle-Faktors. - Unser Rassehund 1, S:11, 1990.
Klinckmann, G.; Koniszewski, G.; Wegner, W.: Lichtmikroskopische Untersuchungen an den Corneae von Merle-Dachshunden. - Dtsch.Tierärztl. Wschr. 94, 1987.
Sponenberg, DP.: Germinal reversion of the merle allele in Australian shepherd dogs. - J.Hered. 75, S:78, 1984.
Treu, H.; Reetz, I.; Wegner, W.; Krause, D.: Andrologische Befunde in einer Merlezucht. - Zuchthyg.11, 1976
Wegner, W.; Reetz, I.: Störungen der Schwimmfähigkeit bei Tigerteckeln. - Dtsch. Tierärztliche Wschr. 84, S:29-30, 1977